Die etwas andere Heimreise von Hans Kiefinger: > Hier sein
Bericht:
Bis Juli waren die Streckenflugtage knapp an der
Zahl und enttäuschend. Meine Freundin Christine wollte unbedingt
noch einige schöne Streckenflüge machen. Die Wettervorhersage
für das mittlere Juliwochende 07 war optimistisch. Also fuhren
wir dahin wo wir die besten Möglichkeiten sahen: auf die Alpensüdseite
nach Greifenburg. Die Thermik entpuppte sich dann aber als nicht
ganz so gut wie vorhergesagt. Wir rutschten mit unseren Drachen
zusammen in der turbulenten Luft die Ridge hin und her, doch Euphorie
kam bei dieser Fliegerei nicht auf. Da fehlte noch etwas Interessantes,
Reizvolles.
Kurz nach unserer Landung trafen wir überraschend den Luftwanderer
Thomas Ziesel. Er erzählte, daß er vom Hochfelln nach Greifenburg
geflogen ist. Beim gemeisamen Abendessen hörten wir einige Geschichten
über das Wandern in der Luft. .Thomas dachte an einen `Rückflug´
am Sonntag. Bei mir fiel der Samen auf fruchtbaren Boden. Noch
etwas schwach hörte ich die Heimat rufen, aber sie rief! Wäre
es nicht super, statt am Sonntag heimzufahren, über die Alpen
nach Hause zu fliegen?!?
Der Sonntagmorgen erwartete uns mit blauem, etwas
dunstigem Himmel und Südströmung. Am Aufbauplatz waren viel weniger
Piloten als gestern. Die Wettervorhersage war,wie so oft, von
der Realität eingeholt worden. Doch es waren auch einige Piloten
von der Alpennord-auf die -südseite gekommen weil es hier immerhin
besser war als dort. Auch Corinna hatte den Plan über die Alpen
zu fliegen. Ich wollte erst auf dem Weg entscheiden, wohin der
Weg mich führen sollte. Alpenüberflug, Südtirol oder auch ein
Besuch in den Dolomiten hatte ich als Optionen im Kopf.
Ca. 12:15 Uhr starteten wir. Es ging gleich mit 2-3m/s bis 2800m.
Ganz brauchbar und deutlich angenehmer als gestern. Das stimmte
optimistisch! Die nächsten Bärte bis Lienz gingen auch recht gut.
Corinna und Semo waren immer eine Thermik voraus. Bei der Querung
zum Zettersfeld zeigte Corinna wieder mal was sie konnte: Zielstrebig
und schnell flog sie in den nächsten Bart und spiralte an die
Basis. Semo und ich bekamen den nicht so gut und brauchten deutlich
länger. Ab dem Zettersfeld war das `Steigwunder´Corinna nicht
mehr gesehen. Auch für den nächsten Bart brauchten Semo und ich
lange. Irgendwann hat ihn aber wenigstens er bekommen und flog
Richtung Sillian weiter. . So war ich dann ganz alleine und kam
mir etwas blöd vor. Nach einer Weile zog die Thermik aber wieder
an und auch bei mir ging es wieder zügig an die Basis, die jetzt
schon auf 3400m gestiegen war. Der Weg nach Matrei war dann leicht.
Einige Hundert-Meter tiefer und einige km Richtung Tal sah ich
noch einen Drachen mit rotem Gurt und dachte, daß es Thomas beim
Heimflug sei. Eigentlich wäre ich gerne abgebogen und mit ihm
gemeinsam weitergeflogen - gemeinsam ist die Fliegerei gleich
doppelt so schön - ließ es dann aber doch bleiben. Der Umweg war
mir zu groß. Es wäre `rückblickend´ auch schade gewesen, weil
es anscheinend ein anderer Drachenflieger war. Thomas flog eine
andere Route.
Das Wolkenbild zum Alpenhauptkamm sah recht brauchbar aus: Einige
hohe Cumuli zierten die Gipfel. Zwischen Felbertauernstraße undGroßglockner
sah es am besten aus. Dort wollte ich Fliegen. . Mit 3500m ging
es über den Alpenhauptkamm. Dabei hat man nicht viel Luft unter´m
Bauch. Selbige blieb mir Sekunden danach völlig weg: Auf der Nordseite
fiel eine Felswand viele Hundert-Meter senkrecht ab!!! Solch beeindruckende
Bilder sieht man nicht oft. Gleich auf der anderen Seite der Alpen
erwartete mich das Pinzgau mit einem überraschend ruhigen, schwachen
Bart. der mich wieder auf 3300m trug. Damit konnte ich die Querung
des Tales wagen. Es würde auch zu einem Gleitflug zu unseren Freunden
in Saalfelden reichen. Ein Besuch bei ihnen spukte mir auch im
Kopf rum. Schon mehrmals hatte ich sie per `Luftanreise´besucht.
Einmal auch nach einem Flug aus dem niederbayerischen Flachland
per Windenstart.
Das wäre wieder mal eine Überraschung! Wenn sie aber nicht zuhause
sind???
Ich entschied mich für´s Weiterfliegen. Über Pinzgau und Asitz
ging es dann zu den Loferer Steinbergen. Die empfingen mich mit
einem erst schwächlichen `Bärtchen´, das mit zunehmender Höhe
dann aber ein richtig guter `Bart´ wurde. Bis 3800m trug mich
die Thermik dort und schenkte mir eine grandiose Aussicht in das
Bayerische Alpenvorland. Der Weiterflug war mit dieser Höhe einfach.
Auf dem Flug über die Steinplatte zum Hochgern fand ich immer
wieder leichtes Steigen und konnte vor dem Flug ins Flachland
nochmal bis 3000m aufdrehen. Auch hier beeindruckte mich der Blick
über Chiemsee, Alpenvorland und bis ins Herz der Alpen, woher
ich kam. Feuchte Augen vor Glück konnte ich mir nicht verkneifen.
Macht nicht´s: Ich war alleine. Weit und breit war kein Flieger
zu sehen. Kaum gedacht, gesellte sich ein Bussard zu mir. Gemeinsam
drehten wir unsere Kreise.
Nun ging´s über das Flachland. Keine Wolke war dort. Die starke
Inversion trennte deutlich die klare, reine Luft oben von der
dunstigen unten. Die Luft war völlig ruhig. Eine gute Gelegenheit
für mich, Trimeinstellungen beim Drachen und die Polare für das
neue Compeo zu erfliegen. Weniger gut, um Thermik zu finden. Bei
Traunreut überlegte ich noch, Ecki, den DHV-Arzt, zu besuchen.
Allerdings fand ich sein Haus aus der Luft nicht und nur irgendwo
in der Nähe wollte ich nicht landen. Außerdem hatte ich noch nicht
abgeschlossen. Es gab noch Hoffnung, Thermik von `unten raus´
zu finden. Je tiefer ich kam, umso stärker setzte sich der Wind
aus Ost bis NO durch: Für mich bedeutete das Seitenwind leicht
von vorne. Nicht so ideal für den Flug nach Niederbayern. 400m
über Grund wurde die Luft tatsächlich wieder unruhig. Nach einigen
Suchschleifen fand ich einen `Viertelmeter´Steigen. Langsam machte
ich wieder 100m Höhe. Dabei war aber sehr deutlich der überraschend
starke Wind aus 60Grad zu bemerken. Mit 20km/h trug er mich wieder
von Niederbayern weg: Keine Chance im `Tiefflug´ noch Heim zu
kommen und größere Höhen würde ich in dieser Luft nicht mehr erreichen
können. Die schwache Thermik gab mir Zeit, langsam mit meinem
Abenteuer abzuschließen. In aller Ruhe konnte ich mir ein schönes
Landefeld aussuchen. 47km vor meiner Heimat Frontenhausen setzte
ich den Combat bei 20km/h Ostwind sanft auf eine Wiese. SW-lich
von Altötting. Kann man das evtl. auch als Pilgerreise gelten
lassen?
Beim Gespräch mit Thomas Ziesel am Vorabend sagte der schon, daß
es unglaublich sei, welche Gelegenheiten sich ergeben, wenn man
irgendwo landet und dann auf die Leute zugeht. Das wollte ich
auch testen: Ein Anruf bei meinem Fliegerfreund und Altmeister
Max Altmannshofer und tatsächlich - er war grad auf der Heimreise
nach einem Flugtag in den Alpen!!! Jippiiieee! Wenns läuft, dann
läuft es! 15 Min nachdem ich abgebaut hatte, war Max schon da.
Der Gute fuhr mich sogar noch bis nach Hause, wo ich dann 2 Std.
wartete bis Christine auch ankam.
Thomas flog übrigens, wie geplant, tatsächlich wieder zurück und
landete am Wessnerhof in Marquartstein. Corinna schaffte es nach
einem auch für sie beeindruckendem Flug bis nach Brannenburg.
Es war wieder mal ein sehr ungewöhnlicher Flug, der wohl immer
in meiner Erinnerung lebendig bleibt. Es ist schön, daß man in
der Fliegerei immer wieder solche Erlebnisse haben kann und darf.
Auch bei den anderen Beteiligten dieses Flugabenteuers möchte
ich mich herzlichst bedanken. Das wären: Christine, Max, Corinna,
Thomas, Georg, Semo, der Bussard am Hochgern und....???
FLIEGEN IST SCHÖÖÖN!!!
Hans Kiefinger
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